Leserbrief: Wehrlose Bürger von Rudolf Rentschler

Veröffentlicht am 23.04.2009 in Kommunalpolitik

Die Ausführungen von Herrn Rentschler muss ich mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen. Richtig ist, dass der Nagolder Gemeinderat im Juli 2008 eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme beschlossen hat. Dem gingen ausführliche Darstellungen und Berichte, auch eines Experten, voraus. Die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme ist ein Instrument, das bei umfangreichen Planungen und Projekten in vielen Städten eingesetzt wird und keinesfalls den Bürger nahezu wehrlos macht.

Herr Rentschler äußert unter Bezugnahme auf die Stellungnahme von Ulrich Kallfass ordnungspolitische Bedenken und zitiert einen Parteifreund, der in einer Debatte meinte, wer für Enteignungen plädiere, lege die Axt an unsere wirtschaftliche Grundordnung. Ich muss mich schon fragen, wer diese Ordnung in den letzten Monaten massiv in Frage gestellt und beschädigt hat.

Es waren die Marktradikalen, die jeden Eingriff für schädlich hielten und immer betont haben, der Markt reguliere sich selbst und entsprechende Initiativen seien immer schädlich. Ich glaube nicht, dass man diese Position heute noch ernsthaft aufrechterhalten kann, wenn man die jetzige Situation auch nur einigermaßen realistisch einschätzt.
Unser Grundgesetz, das sich gut bewährt hat, betont, dass Eigentum auch verpflichte und sein Gebrauch zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll. Eine Enteignung ist zulässig, darf aber nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen und muss Art und Ausmaß der Entschädigung regeln. Diese ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Gegebenenfalls kann der Rechtsweg bestritten werden.

Wer behauptet, ein Bürger werde nachgerade wehrlos gemacht, wenn in einem ordnungsgemäßen und bewährten Verfahren Planungen für die Allgemeinheit vorgenommen werden, sieht die Sache einseitig und nur im Interesse der Grundeigentümer.
In deren Interesse ist es sicher, in der Regel zu hohen Preisen zu verkaufen: Im Ergebnis zum Nachteil der Bürger, die ja dann entsprechend höhere Kosten mit zu tragen haben. Wenn man sich die Mühe macht, die Regelungen im Baugesetzbuch genau anzuschauen, wird man zustimmen, wenn in entsprechenden Fällen diese Maßnahmen eingeleitet werden. Es besteht noch genügend Spielraum für Verhandlungen mit dem Ziel, sinnvolle Ergebnisse herbeizuführen.

Die Mehrheit des Gemeinderats hatte nach meiner Einschätzung keine ordnungspolitischen Bedenken und unterstützt die Verwaltung in ihrem Bestreben, eine für die Stadt nützliche Planung möglichst zügig umzusetzen.
Rudolf Rentschler hat Recht: Wir müssen eine ordnungspolitische Diskussion führen, die dann allerdings Ergebnisse bringen sollte, die unsere soziale Grundordnung stärkt und entwickelt.
Dem Markt allein können und dürfen wir nicht mehr vertrauen.

Rainer Schmid