Haushaltsrede 2009

Veröffentlicht am 20.02.2009 in Gemeinderatsfraktion
Rainer Schmid

SPD-Fraktion Nagold
Rainer Schmid
Vorstadtplatz 15
72202 Nagold

Haushaltsrede 2009
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Großmann,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Arnold,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

heute beraten wir einen Haushalt, den unser Oberbürgermeister a.D. Dr. Rainer Prewo noch mit seinen Mitarbeitern vorbereitet und eingebracht hat.
Zentrales Anliegen unserer Fraktion ist die soziale Gerechtigkeit, die auf allen Ebenen als wesentliche Zielsetzung zu gelten hat.

Für uns ist es immer wichtig gewesen, unsere Stadt sozial zu gestalten.
Dazu gehört es, die Kindergartengebühren schrittweise abzuschaffen und ein breites Angebot an Betreuung vorzuweisen und anzubieten.
Mit einer reinen Nachfragestruktur können wir uns nicht abfinden: Angebot schafft Nachfrage.
Bisher war die Zusammenarbeit mit den Trägern und vor allem die herausragende Koordination durch das YOUZ ein Markenzeichen unserer Stadt. Die Betreuungsangebote müssen aber noch wesentlich verstärkt und koordiniert werden.
Dabei spielen natürlich die Gebühren eine große Rolle. Der Fraktionsantrag wurde eingebracht und muss intensiv diskutiert werden.
Eine Reduzierung der Kindergartengebühren kann nur in Teilschritten erfolgen und muss berücksichtigen, dass diese Aufgabe nicht langfristig allein von den kommunalen Trägern geleistet werden kann.
Es ist aber nach Auffassung unserer Fraktion bei den Ausgaben in diesem Bereich der Schwerpunkt zu setzen - ggf. müssen andere Investitionen zurückstehen: Eine Stadt gewinnt vor allem mit Ihren „sozialen Angeboten“ und Einrichtungen.
Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang die Schaffung eines entwicklungsgerechten Personalschlüssels in den einzelnen Kindergärten, vor allem dort, wo unter 2 Jährige betreut werden.
Fast alle Kinder in der Stadt gehen in den Kindergarten und müssen so individuell wie nötig gefördert werden.
Ein besonderer Schwerpunkt muss die Sprachförderung sein. 12,9 % der Nagolder Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund.
Die weitere Entwicklung der Kindergartenrichtlinien und die Koordination mit den kirchlichen Trägern müssen zentrale Bedeutung erhalten.

Die Kinder - und Jugendbetreuung findet nicht nur in den Kindergärten, Krippen und im YOUZ statt, sondern in ganz erheblichem Maße in Vereinen.
Wir setzen uns für eine bessere Vernetzung zwischen professionellen und ehrenamtlichen Einrichtungen ein, besonders auch in den Ortsteilen.

Die Angebote an Ganztagschulen in Nagold sind zu erweitern.
Wenn es unserem neuen OB gelingt, ein zweites Gymnasium in Nagold einzurichten, sollte dies auch eine Bereicherung für die Nagolder Schullandschaft darstellen - zwei eigenständige Gymnasien mit entsprechendem Profil – z.B. Wirtschaft und Sport sind wünschenswert.

Die Zahl der unter 20jährigen nimmt in den nächsten Jahren in Nagold deutlich ab, die der über 65 Jährigen schneller zu. Wir müssen auf diese Entwicklung reagieren.
Deshalb sind bei neuen Baumaßnahmen seniorengerechte Wohnungen, Wohneinheiten auch für WGs, ins Angebot und in die Planung aufzunehmen.
Wir müssen unsere Stadt für die Senioren so gestalten, dass sie gerne die Stadt besuchen und sich darin aufhalten, und vor allem dort auch wohnen.
Dazu gehören barrierefreie Niederflurbusse, seniorenorientierte Einkaufsmöglichkeiten und mehr Ruhebänke im ganzen Stadtgebiet.
Gerade für die Mobilität der Senioren ist der weitere Ausbau des ÖPNV wichtig und unabdingbar. Jeder Teilort muss mit Stundentakt angebunden sein - das heißt aber nicht, dass noch mehr Busse durch die Marktstrasse fahren müssen.

Im Rahmen der der Baumaßnahme Haltepunkt Stadtmitte muss auch der Busverkehr neu organisiert und wesentlich auf die Umfahrung konzentriert werden
Die Nagolder nutzen das Ehrenamt und engagieren sich in verschiedener Form außerordentlich intensiv. Dies sollten wir entsprechend belohnen. Andere Kommunen machen es uns vor, wie Fellbach und Ulm. Eine Belohnungskultur fördert noch mehr Engagement, wie z.B. eine Ehrenamtskarte, die es in Fellbach gibt.

Unsere Stadt besteht aus zwei Säulen: Die Kernstadt mit 13009 Einwohnern und unsere acht Teilorte mit insgesamt 9645 Einwohnern. Wir haben große Investitionen in der Kernstadt vorgenommen und dürfen mit Sicherheit die Teilorte nicht vernachlässigen. Überall stehen Projekte an, die wir intensiv verfolgen und unterstützen wollen.
Mit der Aufnahme in das Landessanierungsprogramm in Hochdorf wird die Ortskernsanierung eingeleitet: Ein Vorzeigeprojekt nach der Verwirklichung: Verkehrsberuhigung einer Bundesstraße in einem Ortskern und nicht in der Stadtmitte.
In Vollmaringen stehen die Sanierungen des Sanitärbereichs in der Halle an, wie auch die Frage des Ausbaus der Geschäftsstelle und des Feuerwehrmagazins.
Wie in Vollmaringen muss auch in Gündringen Bauland geschaffen werden.
Iselshausen fiebert der Umsetzung des Hallenumbaus entgegen. Wir freuen uns, dass hier ein Konzept in Abstimmung mit dem Ortschaftsrat und der Schule gelungen verwirklicht werden soll.
Die neusten Entwicklungen in Schietingen müssen uns veranlassen, neue Räume für Feuerwehr und Geschäftstelle, wie auch den Jugendraum zu finden.
In Emmingen haben wir eine außerordentlich gute Kernsanierung erreicht und den Ausbau der Wiestalstrasse.
In Pfrondorf stehen Sanierung von Halle und alter Schule an, wie auch die fachgerechte Planung und Umsetzung der Friedhofsgestaltung
In Mindersbach ist die Ortskernsanierung am Rathaus abgeschlossen. Der Bereich Kirche/An der Wette sollte nach dem Bau des Gemeindehauses in Angriff genommen werden.

Unser Kämmerer wies zu Recht darauf hin, dass der Haushaltsplan 2009 mit seiner Finanzplanung bis 2012 eine große Herausforderung ist, vor allem im Hinblick auf die Ausgaben für die Landesgartenschau. Dies wird sicher der Schwerpunkt unserer Arbeit sein.
Wir müssen aber sehr darauf achten, dass die wichtigen Projekte in den Ortsteilen dabei nicht zurückstehen dürfen
Die Vorarbeiten sind geleistet. Jetzt kommt es darauf an, die konkrete Umsetzung zu gestalten und mit der Landesgartenschau die Chance zu nutzen, einen weiteren großen Entwicklungssprung zu machen.

Die Landesgartenschau ist eingebettet in schon laufende Planungen und Perspektiven.
Der Wohnungsbau muss für uns Priorität haben. Wir sind der Auffassung, dass zur Landesgartenschau ein Teil des Geländes im Riedbrunnen schon mit einer Bebauung belegt werden soll und dies dann auch weitere Besucher anzieht.
Deutlich wurde dies bei der Landesgartenschau in Neu-Ulm: Der Bereich, in dem neue Wohnformen ausgestellt wurden, war sehr gut besucht und außerordentlich interessant gestaltet.
Vorher schon werden wir im Gebiet Am Rötenbad beginnen. Die Stadtverwaltung hat hier mit einem außerordentlich ambitionierten Konzept die Ideen verwirklicht, die zukunftsweisend sind. Baugebiete können nicht einfach ausgewiesen und an Investoren verkauft werden, die günstige Angebote machen.
Wir müssen, um attraktiv zu sein, mit verschiedenen Konzepten, vor allem auch Baugemeinschaften, Interessenten gewinnen, wesentlich für junge Familien. Diese sind dann in die Planungsprozesse von Anfang an einzubinden.
Man darf an dieser Stelle den Planern ein Lob aussprechen, die sich sehr intensiv auch mit den Anregungen unserer Fraktion, der Bildung von Baugemeinschaften, auseinandergesetzt haben.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf den Gestaltungsbeirat kurz eingehen. Die Bildung dieses Gremiums war richtig. Er ist ein unverzichtbares Element bei der Gestaltung unserer Stadt und hat oft mit seinen Empfehlungen Verbesserungen erreicht, meist im Konsens mit den Bauherren.

Der Verkehr vor allem in der Innenstadt, wird auch diskutiert. Die richtige Lösung, die alle befriedigt, gibt es sicher nicht.
Notwendig ist, die Entwicklung zu beobachten und weiter zu gestalten. Deshalb hat unsere Fraktion den Antrag eingebracht, das Konzept Nebeneinander/Miteinander - man nennt es auch shared space - einmal intensiv zu prüfen.

Der Stadt und dem Gewerbeverein liegt ein umfangreiches Gutachten zum Einzelhandelsstandort Nagold 2015 vor. Die Gutachter stellen fest, dass die bisherige Strategie richtig und erfolgreich war: Fokus auf die Innenstadt bei der Einzelhandelsentwicklung, städtebauliche- und verkehrliche Maßnahmen, Citycommitment.
Sie empfehlen eine ausgewogene Entwicklung der Innenstadt, vor allem in Nord- und Südbereich und schlagen vor, den Einzelhandelsstandort Nagold im Umland noch besser zu vermarkten und den Ansatz des Nagolder Citycommitment weiter zu stärken.
Die Innenstadt soll noch kompakter gemacht werden durch städtebauliche Maßnahmen und durch die Entwicklung einzelner Areale.
Wir haben den Ausbau der Plätze beschlossen und müssen dies auch konsequent umsetzen. Dies ist noch nicht in der ausreichenden Form geschehen.

Die Finanzsituation allgemein wurde von unserem Finanzbürgermeister ausführlich dargestellt. Hier möchten wir uns nicht wiederholen und noch einmal ein Lob aussprechen für die außerordentlich mühevolle und erfolgreiche Arbeit, die die Mitarbeiter geleistet haben.
Auch in den Kommunen müssen die finanzielle Situation und die zu erwartende konjunkturelle Entwicklung in die Perspektiven einbezogen werden.

Bei den Entscheidungen für die Investitionen kann eine in die zukunftsweisende Politik nicht an der Frage vorbeigehen, ob allein die Rendite in jedem Fall maßgebend ist.
In unserem Badepark wird jetzt ein Blockheizkraftwerk eingebaut. Das wurde schon vor der Einweihung diskutiert und abgelehnt wegen der höheren Kosten.
So könnten noch viele Beispiele genannt werden: Auch wenn es der Umwelt mehr bringt - zu teuer und deshalb nicht möglich.

Die warnenden Hinweise zur Entwicklung unseres Klimas und den Folgen sollten uns ein Ansporn sein, Eigeninitiative in jeder Hinsicht zu entwickeln.
Das gilt auch für die Übernahme des Stromnetzes. Unbedingt notwendig ist es, überall eine Reduzierung der Energie anzugehen und auch vorzuschreiben -und bei Baugebieten entsprechend auszuweisen.

Das Personal ist das wichtigste Gut in jeder Verwaltung. Wir können daher keinesfalls hinnehmen, dass pauschale Kürzungen im Budget, die auch das Personal treffen, weiterhin möglich sind.
Selbstverständlich muss die Organisation in der Verwaltung immer wieder einer Überprüfung unterliegen, kann aber nicht zu einer weiteren Erhöhung der Arbeitsbelastung führen, die jetzt schon grenzwertig ist.

Die Kultur als weiterer Faktor spielt für den Standort Nagold eine erhebliche Rolle. Vieles wird angeboten. Die Seminarturnhalle mit ihrem Programm zieht viele Interessierte von auswärts an – und sollte deshalb durch ein Leitsystem auch besser zu finden sein.
Die Volkshochschule mit der Jugendkunstschule und dem außerordentlich stark angefragten VHS – Kolleg trägt mit zur Aktivität bei.
Wir selbst von der Stadt dürfen nicht zu kurz treten und müssen das Angebot im Bereich der Musik und des Theaters aufrechterhalten, auch wenn hier Zuschussbedarf besteht. Die Jugendmusikschule – auch überregional - und die Bibliothek sind ein Erfolgsmodell und sollten in dieser Form auch weiter entwickelt und erhalten werden.
Selbstverständlich müssen die entsprechenden Gebühren geprüft und ggf. auch angepasst werden, allerdings immer unter Berücksichtigung sozialer Komponenten.

Auch der Sport, vor allem in den Vereinen, bietet, insbesondere für die Kinder und Jugendlichen, eine sinnvolle und gesundheitsfördernde Freizeitgestaltung.
Ein verbesserter Zugang in die Hallen in den Schulferien als auch der bedarfsgerechte Ausbau von Sport- bzw. Bolzplätzen müssen überprüft werden.

Das Steinhaus als unser „Museum“ mit Galeriefunktion müssen wir stärken – und auch selbst einmal hingehen.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,
wir verabschieden heute einen Haushalt in eine nicht so sichere Zukunft wie gewohnt.
Alle sind aufgerufen, an der Entwicklung mitzuwirken und sich einzubringen - zum Wohl unserer Stadt.

Die Fraktion der SPD stimmt dem Haushalt zu.

Rainer Schmid