Haushaltsrede 2014

Veröffentlicht am 23.12.2013 in Gemeinderatsfraktion
Rainer Schmid

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Großmann,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Breitling,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

Bürgermeister Breitling wies bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs darauf hin, dass die deutsche Konjunktur beachtliche Stabilität auf einem guten Niveau anbietet.

Schon in den früheren Haushaltsreden haben wir vermerkt, dass dieses Fundament nicht fest und sicher in die Zukunft weist, wie es manche annehmen.

Sicher können wir in unserem Land im Vergleich zu den Nachbarstaaten eine sehr positive Bilanz vorweisen. Es gehört aber nicht viel Fantasie dazu, die Entwicklungen der Zukunft nicht nur positiv zu sehen.

Umbrüche sind zu erwarten und wichtige Entscheidungen stehen an.

Bund und Länder haben erkannt, dass die Gemeinden dringend auf Mittel angewiesen sind und nicht allein aus eigener Kraft alles stemmen können.

Deshalb sind die Schwerpunkte der grün/roten Landesregierung zu begrüßen. Den Kommunen werden mehr Geldmittel zur Verfügung gestellt im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs, des Pakts  mit den Kommunen für Familien und Kinder, bei der Schulsozialarbeit, die von der CDU früher keine Unterstützung erhielt. Ebenso werden Investitionen bei den Krankenhäusern unterstützt, wie auch ein Wohnraumförderungsprogramm aufgelegt. Mittel für die Aufstockung der kulturellen Zentren im ländlichen Raum stehen zur Verfügung.

Ein weiterer Schwerpunkt muss die Sicherung der Lebensqualität auch in den Teilorten sein. Die hierfür notwendige Infrastruktur wollen wir erhalten oder schaffen.

Die Landesgartenschau und das Jahr danach liegen hinter uns. Wir konnten in diesem Jahr feststellen, dass positive Nachwirkungen vorhanden sind und die Attraktivität unserer Stadt erheblich gewonnen hat. Alle haben dazu beigetragen.

Der Schub muss auf jeden Fall auch im nächsten Jahr weiter anhalten. Ein umfassendes Programm mit dem Motor City/Gewerbeverein gibt die gute Richtung vor.

Alle Bürger sind aufgerufen, sich in ihrem Bereich daran zu beteiligen, um für unsere Stadt eine weitere gute Zukunftsperspektive anzubieten.

Die traditionellen Nagolder Wirtschaftsgespräche sowie die Aktivitäten des Bürgerforums tragen ebenfalls dazu bei.

Nach den Kommunalwahlen im Mai wird ein neuer Gemeinderat konstituiert, der dann für die Zukunft die wesentlichen Aufgaben definiert und sicher auch in personeller Hinsicht einige Neuigkeiten bietet.

Wir werden daher heute einem Haushalt zustimmen, der in die Verantwortung eines neugewählten Gremiums übergeht.

Maßgebend für unseren Haushaltsplan ist ein jährlicher Schuldenabbau von 1 Million Euro, der  eine Neuverschuldung ausschließt. Gleichzeitig sollen die Investitionsprojekte zurück gefahren und ein kritischer Blick auf die regelmäßigen Sachaufwendungen vorgenommen werden.

Der Gemeindefinanzbericht in Baden-Württemberg stellt fest, dass sich die Kommunalfinanzen wieder aufwärts entwickeln, es aber keinesfalls eine Entwarnung geben kann.

In Baden-Württemberg können wir erkennen, dass es erhebliche Unterschiede gibt und wir hier in Nagold sicher sehr gut da stehen im Vergleich zu anderen Kommunen. Die Voraussetzungen hierfür wurden in den letzten 20 Jahren geschaffen.

Das Land Baden-Württemberg und der Bund haben erkannt, dass die Finanzsituation der Kommunen verbessert werden muss. Wir können zwar festhalten, dass die Steuereinnahmen gewachsen sind, allerdings auch die Ausgaben.

In Nagold spiegelt sich dies genauso wieder.

Wie schon erwähnt, wird von der grün/roten Regierung die bessere Ausstattung der Gemeinden in Angriff genommen und auch im Bund werden nach dem Koalitionsvertrag einige Verbesserungen erfolgen.

Die Bedeutung der Kommunen wird schon in der Präambel festgehalten:

„Wir treten für eine lebenswerte Heimat und gute Zukunftsperspektiven überall in Deutschland ein – in der Stadt und auf dem Land.

Mit einem Bundesteilhabegesetz wollen wir die Kommunen bei der Eingliederung von Menschen mit Behinderung stärker als bisher unterstützen. Auch die Länder brauchen eine vernünftige Finanzausstattung, um gemeinsam mit ihren Kommunen die vielfältigen Aufgaben erfüllen zu können.

Handlungsfähig in Bund und Ländern, Städten und Gemeinden, in allen Regionen Deutschlands, das ist unser Ziel. In einer Kommission wollen wir die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern neu ordnen.“

Leider ist es den beiden großen Parteien nicht gelungen, die Finanzbeziehungen auch durch eine entsprechende Grundgesetzänderung völlig neu zu ordnen und auch das Kooperationsverbot im Bildungsbereich aufzuheben.

Wir wissen, dass die regelmäßigen Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen sind und auch gewohnte Standards in Frage gestellt werden können.

Dies stellt sicher eine der Hauptaufgaben für den neuen Gemeinderat dar.

Dabei muss erwähnt werden, dass der Personalbereich zuletzt nur pflichtgemäß Veränderungen erfahren hat und ansonsten eher  eingefroren worden ist.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass eine automatische Abgrenzung von Pflichtaufgaben und freiwilligen Leistungen den Anforderungen einer Gemeinde nicht angemessen ist.

In diesem Zusammenhang muss die bisherige kommunale Zusammenarbeit wieder verbessert und ausgebaut werden.

Die Kultur im weitesten Sinne prägt eine Stadt wesentlich.

Wir geben insgesamt in Deutschland 8,3 Milliarden Euro an öffentlichen Mitteln pro Jahr für die Kultur aus. Das sind nur 1,8 % der gesamten Steuermittel.

Davon werden 43 % im Durchschnitt von den Kommunen finanziert.

Wenn auch im Rahmen der Daseinsvorsorge die Kultur als freiwillige Aufgabe definiert wird, darf sie nicht zu kurz kommen neben den klassischen Pflichtaufgaben wie Abfallbeseitigung, Meldewesen, Wasser und anderes.

Der Freistaat Sachsen hat ein Gesetz geschaffen, in dem die Kulturpflege für die Kommunen zu einer Pflichtaufgabe erhoben wird.

Auch wenn wir kein Gesetz haben, müssen wir trotzdem sehen, dass manche Investitionen für die Zukunft unverzichtbar sind und eine Gemeinde zum Beispiel auf eine funktionierende Bibliothek, eine Musik- und Kunstschule, die Sportförderung, sowie ein Jugendbegegnungszentrum nicht verzichten kann.

Sobald eine solche Kulturstruktur einmal in Frage gestellt und nicht weiter finanziert wird, kann wohl keine Hoffnung sein, diese wieder aufzubauen.

Wir müssen alles tun und viel Fantasie entwickeln, um auch diesen Bereich in unserer Stadt lebensfähig weiter auszubauen.

Die weit verbreitete Stimmungslage „In Nagold bekommt man keine Wohnung“ darf für das Jahr 2014 keine Gültigkeit mehr haben. Die SPD wird der Wohnraumentwicklung wesentliche Bedeutung zusprechen.

Im Einzelnen müssen wir uns mit der Entwicklung der Teilorte beschäftigen. Die Verwaltung hat sich mit den Ortschaftsräten intensiv bemüht, hier Vorschläge zu unterbreiten. Neue Bauplätze sollten nur innerhalb der bestehenden Flächennutzungspläne entwickelt werden.

In der Stadt sind im Riedbrunnen teilweise gute Ansätze vorhanden.

So ist es sehr erfreulich, dass die Stadt ein relativ großes Gelände für die Entwicklung von Baugemeinschaften zur Verfügung stellt. Dies ist eine große Chance, neue Formen des Wohnens anzubieten und zu testen und wird sicher die Attraktivität des Wohnorts Nagold erheblich steigern. Das Szenario des Angebots und der weiteren Entwicklung wurde beschlossen und soll im Januar öffentlich dargestellt werden.

Wir haben uns intensiv darum bemüht, in manchen Bereichen die Verdichtung sorgsam zu prüfen und so festzulegen, dass maßvolle Ergebnisse erreicht werden können.

Das Beispiel Galgenberg muss Schule machen und zeigt, dass sich Wohnraum auch innerorts darstellen und weiterentwickeln lässt, ohne zu erheblichen Beeinträchtigungen von Verkehr und Zusammenleben beizutragen.

Es wird notwendig sein, Baugrund günstig anzubieten und auch für Mietwohnungen zu sorgen, die dann zu angemessenen Preisen erstellt werden können. Alle Zuschussmöglichkeiten sind auszuschöpfen und auch in Teilen eine Dämpfung der Erwartungshaltung der Verwaltung  zu hoher Preisgestaltung im Grundstückverkauf anzudenken.

Wir haben eine gut erarbeitete Zusammenstellung der noch vorhandenen städtischen Grundstücke erhalten. Auch bei den Immobilien, die nicht unbedingt benötigt werden, sollte geprüft werden, ob nicht billiger Wohnraum angeboten werden kann im Hinblick auf den erheblichen Mangel an bezahlbarem Mietwohnraum.

Zum Bauvorhaben Ankerareal werden in Kürze entsprechende Angebote vorliegen. Hier ist die Verwaltung gefordert, auch für eine Gestaltung zu sorgen, die Wohnraum erschwinglich macht. Dieses Gelände ist wertvoll, kann deshalb trotzdem nicht allein Investoreninteressen ausgeliefert werden.

Diese Entwicklung müssen wir mit gestalten, auch im Rahmen einer Öffentlichkeit, die intensiv beteiligt werden soll.

Schon in früheren Haushaltsreden haben wir auf den Ausbau der Bürgerbeteiligung hingewiesen, die gerade in diesem Zusammenhang sehr wichtig ist und noch manche zusätzliche Komponente benötigt. Hier stehen wir in einem intensiven Prozess, auch im Hinblick auf sehr unterschiedliche Ergebnisse von Bürgerentscheiden und Einflussnahmen.

Neue Formen der Mitgestaltung müssen wir erproben. Die Erfahrung ist ja, dass die öffentlichen Vorberatungen in den Ausschüssen  in der Regel nicht von der Öffentlichkeit wahrgenommen und durch Teilnahme aktiviert werden.

Einige Gestaltungen im Rahmen einer Bürgerinformation waren sehr erfolgreich, andere nicht. Hier sind Überlegungen anzustellen, wie das Interesse besser geweckt und dann auch von den Betroffenen mit eingebracht wird.

Ein herausragendes Beispiel für eine positive Bürgerbeteiligung war das Bürgerforum zur Reform der Kreiskrankenhäuser Calw und Nagold.

Wir begrüßen die Entscheidung des Kreistages, die dieses entwickelte Konzept umsetzt. Wir freuen uns, dass damit die medizinische Versorgung in Calw und Nagold gesichert werden kann.

Unsere Fraktion betont immer wieder: Das Personal bildet das Rückgrat der Verwaltung und trägt  ganz wesentlich zum Funktionieren unseres Gemeinwesens bei.

Wir haben in der letzten Zeit nicht feststellen können, dass die vom Gesetz vorgegebene vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Personalrat funktioniert.

Dieses Gremium muss frühzeitig und intensiv in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden.

Wenn wesentliche Änderungen, auch baulicher Art, anstehen, ist die Zuständigkeit des Personalrats gegeben und das Personal von vornherein entsprechend einzubeziehen.

Hier waren in der Vergangenheit erhebliche Defizite festzustellen. Für die Zukunft wünschen wir uns eine vertrauensvolle Zusammenarbeit des Personalrats mit den Spitzen der Verwaltung. Dazu gehört der breite Austausch von Informationen und auch ggf. die notwendigen Hinweise aus der Verwaltung an die Gemeinderäte, die ja dann wesentlich die Entscheidung beeinflussen und gestalten.

Wir dürfen als Entscheidungsgremium nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

Unsere Fraktion wird verstärkt den Kontakt zu den Mitarbeitern suchen und dafür sorgen, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auch tatsächlich statt finden kann.

In diesem Zusammenhang muss dann sichergestellt werden, dass Mitarbeiter, die einzelne Mitglieder des Gemeinderats informieren, keine Sanktionen zu befürchten haben.

Einen entsprechenden Antrag an die Verwaltung bereiten wir vor und werden diesen im nächsten Jahr einbringen.

Die Neuordnung im Energiebereich und der Klimawandel berühren auch unsere Stadt. Wir werden verantwortlich entscheiden müssen, ob das Stromnetz übernommen wird.

Individualverkehr, Parkraum und ÖPNV müssen immer weiter entwickelt werden. Darunter verstehen wir: Schnellbusanbindung Herrenberg, mindestens ein 1-Stunden-Takt für alle Teilorte, Anbindung der Teilorte an die Schiene oder entsprechend sichere Busverbindungen.

Wir beschäftigen uns jetzt mit einer Totalberuhigung der Marktstraße, die von unserer Fraktion nie begeistert aufgenommen wurde. Ob die Verkehrsprobleme und die Parksituation dadurch besser gelöst werden, ist zumindest fraglich.

Parkraum steht nach Auffassung unserer Fraktion genug zur Verfügung. Wir werden den Neubau von Parkhäusern nicht unterstützen und plädieren dafür, ggf. die Parkraumbewirtschaftung auch in Außenbereichen zu überdenken und behutsam einzuführen.

Eine sorgfältige Erhebung der Parkflächen, die von Beschäftigen in der Stadt dauerbenutzt werden und nichts kosten im Verhältnis zu anderen, die bezahlt werden müssen, sollte auf jeden Fall einmal durchgeführt werden, um dann daraus ein Konzept zu entwickeln.

Der Radverkehr muss bei der zukünftigen Entwicklung von Mobilität einen wichtigen Stellenwert einnehmen. Das Land hat mit seinem Programm „Radkultur braucht Infrastruktur“ optimale Voraussetzungen zur Verbesserung der Infrastruktur in den Kommunen geschaffen. Dies gilt es zu nutzen. Der Überbergweg in Vollmaringen ist dafür ein Beispiel. Wir begrüßen die Aufnahme in dieses Programm.

 

Bei zukünftigen Ökokontomaßnahmen muss darauf geachtet, dass diese nachhaltig sind. Die frühzeitige Beteiligung der örtlichen Naturschutzverbände bei der Umsetzung muss sicher gestellt sein.

Was die Kinder- und Kleinkindbetreuung anbelangt, ist die Stadt Nagold gut aufgestellt und auf dem richtigen Weg, sowohl was die baulichen und sächlichen Bereitstellungen als auch personellen Erfordernisse betrifft.

Auch gibt es in Nagold ein breites Angebot an Schulen, an denen sehr gute Arbeit geleistet wird. Selbst das vom OB als totes Pferd bezeichnete Wirtschaftsgymnasium konnte dank der SPD installiert werden.

Durch den Rückgang der Schülerzahlen, den Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung und der Schulbezirksfestlegung für Haupt- und Werkrealschulen ab 2016 ist es notwendig, die künftige Ausrichtung und Aufstellung der einzelnen Schulen bzw. Schularten in Nagold zum Wohl der Kinder zu überdenken und eventuell neu festzulegen.

Die Eltern erwarten für ihre Kinder Alternativen, Perspektiven sowie Verlässlichkeit.

Gerade was die Förderung von schwächeren Schülerinnen und Schülern aus bildungsarmen Elternhäusern und Kindern mit Migrationshintergrund angeht, besteht auch in Nagold weiterhin Handlungsbedarf.

Wir von der SPD Fraktion sind immer noch der Meinung, dass die Hinzuziehung einer externen unabhängigen Beratung bei der Nagolder Schulentwicklung unter Einbeziehung des Umlands bzw. der Region, den Blick für Alternativen und Möglichkeiten erweitern und objektivieren könnte.

Eine kinder- und familienfreundliche Stadt zeichnet sich nicht nur dadurch aus, dass es ein breites und gutes Angebot an Kinderbetreuung und Schulen gibt, sondern auch durch vielfältige Möglichkeiten kultureller, musischer und sportlicher Art, wie sie in Nagold von den Vereinen, der Musik- und Kunstschule und dem YOUZ angeboten werden.

Kinder– und Jugendfreundlichkeit zeichnet sich aber vor allem auch dadurch aus, dass man Kindern und Jugendlichen Raum in der Innenstadt gibt, z.B. durch Streetball- oder Streetsoccer-Turniere. Solche oder ähnliche Aktivitäten und ggf. vermehrt Spielgeräte im Zentrum der Stadt machen eine Stadt lebendig und freundlich für alle Generationen.

Unsere Fraktion stimmt diesem Haushalt zu.

Wir bedanken uns bei den Mitarbeitern der Finanzverwaltung, Herrn Bürgermeister Breitling und allen Verantwortlichen der Stadt und auch Ihnen, Herrn Oberbürgermeister. Wir hoffen auch für die Zukunft auf ein wie bisher konstruktives und zukunftsweisendes Zusammenarbeiten im Gemeinderat, den Ausschüssen und den anderen Gremien.

 

Für die Fraktion

 

Rainer Schmid